Gemeinderat Juli 2021

  1. Mietreduktion für Vereine und Gewerbetreibende wegen Corona?
  2. Luftreinhaltung in Kitas und Schulen?
  3. Angepasste Straßenausbaubeitragssatzung
  4. 1,66 Mio € gemeindliche Förderung für FSV Barleben

In den letzten anderthalb Jahren fanden die Ratssitzungen Corona-bedingt in der Mittellandhalle, jedoch ohne Videoaufzeichnungen statt. Nun, wieder im gewohnten Gemeindesaal, wurde aber auch nicht aufgezeichnet. Die Antwort des Bürgermeisters (BM) auf unsere Nachfrage war…“er wolle sich mal erkundigen“…. Vor Ort: Zwei Besucher, keine Videoaufzeichnung, keine freie Presse.

Woher bekommen die Bürger nun Informationen über dort getroffene kommunalpolitische Entscheidungen und die Aktivitäten ihrer gewählten Kommunalpolitiker?  Vom BM selbst, über die Internetseiten der Gemeinde, dem Gemeindeblatt Mittellandkurier oder über die Volksstimme, die zwar nicht personell anwesend war, sich aber später beim BM erkundigte und dann berichtete (und über manche Dinge auch nicht)! Spätestens hier wird klar, dass von einer ungefärbten Information der Bürger, wie bei Einführung des GemeinderatsTV vollmundig verkündet, keine Rede sein kann. Auch aus diesem Grund einige Ausführungen zu 3 Anträgen unserer Fraktion und wichtigen Beschlüssen:

  1. Antrag:
    Gewerbetreibende und Vereine, die Mieter gemeindlicher Objekte sind und unter der Coronasituation existenzbedrohenden Einnahmeausfall haben, können Anträge auf Mietreduktion(-stundung) stellen. Die Prüfung erfolgt über den Hauptausschuss oder den Gemeinderat. Falls solche oder ähnliche Dinge vor diesem Beschluss bereits vom BM entschieden wurden, sind die Gemeinderäte umgehend zu informieren.

Die lange Zeit der Coronakrise führte zu politischen Entscheidungen, die für einige Teile unserer Gesellschaft finanziell existenzbedrohend sind. Wo wir als (noch) solvente Kommune Hilfe leisten können, sollten wir das auch tun. Allerdings haben juristische Nachfragen ergeben, dass dabei auf jeden Fall der Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren ist und allen dasselbe Recht diesbezüglich zugestanden werden muss.

Zu diesem Antrag gab es eine bemerkenswerte Diskussion, in der der BM erklärte, so etwas ist laut Verwaltungsverfahrensgesetz seine Aufgabe und könne nicht an Gremien des Gemeinderates abgegeben werden. Im Übrigen wären solche Möglichkeiten allgemein bekannt und brauchten nicht publik gemacht werden, außerdem habe er schon einigen solcher Bitten stattgegeben. (Seltsam, als es um die Mietanpassung beim LiBa-Verein ging (siehe hier) war es genau umgekehrt, er durfte angeblich nicht allein entscheiden.) Letztlich wurde dem Antrag zwar mehrheitlich zugestimmt, aber unter der Prämisse, dass nur sehr große finanzielle Auswirkungen vom Hauptausschuss entschieden werden und ein solcher Fall wird wohl kaum auftreten. Im Klartext, der BM entscheidet diese Dinge weiterhin nach ???

Eine uns zustehende Information über die Einzelfälle steht bis jetzt noch aus, wir werden aber darauf bestehen!


  1. Antrag:
    Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Luftreinhaltung in Klassenräumen beantragt die Fraktion FWG/Grüne umgehend eine zusätzliche Belüftung der Räume von Schulen und Kitas zu prüfen und vorzunehmen.

Zum Thema Coronapandemie offenbarte sich die Unfähigkeit unseres Staates, in einer Ausnahmesituation adäquat zu reagieren. Dies setzt sich natürlich auch bis in kommunale Bereiche fort. Förderprogramme, z.B. für Luftfilteranlagen, werden viel zu spät aufgelegt, es wird über eine Wirkung viel zu lange diskutiert, offenbar lernunfähig hinkt man den   aktuellen Erfordernissen immer nur hinterher. Die Folgen sind bekannt.

Aufgrund der aktuellen Corona-Situation (steigende Fallzahlen über die Delta-Variante) wurde im letzten Sozialausschuss nachgefragt, welche Maßnahmen in den Schulen und Kindereinrichtungen zur Zeit umgesetzt werden, um auf ein ähnliches Geschehen wie im letzten Herbst/Winter besser vorbereitet zu sein (von dem jetzt auszugehen ist). Konkret ging es um Luftfilteranlagen. Von der Verwaltung wurde argumentiert, dass diese in Sachsen-Anhalt nicht wie z.B. in Bayern empfohlen werden und deshalb diesbezüglich keinerlei Aktivitäten unternommen wurden. Schon lange sind sich international renommierte Wissenschaftler einig, dass die Hauptübertragung des Corona-Virus über Aerosole (ausgeatmete feinste Partikel, die lange im Raum schweben) erfolgt.

Deshalb ist aus hygienischen Gründen der Luftreinhaltung in Räumen mit vielen Personen besondere Bedeutung beizumessen. Luftfilter sind sehr teuer und es ist logistisch einfach nicht möglich, in wenigen Monaten damit alle Klassenzimmer unseres Landes auszustatten.

Diesbezüglich haben führende Aerosolforscher des Max-Planck-Instituts in Mainz eine simple und sehr billige Variante für die Belüftung von Klasseräumen erfolgreich getestet, die eine ebenso gute Wirkung wie teure Luftfilteranlagen hat (zusammengefasst: Ventilator im Oberlicht), nähere Ausführungen siehe unter: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-und-schulen-max-planck-forscher-entwickeln-guenstige-alternative-zu-luftfiltern-a-d9331ec0-db13-4c39-91df-57d607704509

Eine langeandauernde Diskussion darüber, die sich bis in den Herbst oder Winter hineinzieht, halten wir für zwecklos. Wenn etwas gemacht werden soll, dann muss es jetzt und schnell geschehen, dass sollte aus dem Pandemieverlauf gelernt worden sein. Die nächste Welle ist aufgrund der internationalen Pandemielage laut wissenschaftlicher Prognosen unabwendbar und darauf sollten wir besser vorbereitet sein.

Über diesen Antrag wurde noch nicht abgestimmt, die Verwaltung wollte sich erst mit dem Thema beschäftigen, damit schließt sich der Kreis zum ersten Satz (s.o.).


  1. Antrag:
    Zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Barleben.

Die gesetzliche Regelung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in Sachsen-Anhalt wurde am 17. Dezember 2020 vom Landtag geändert. Künftig müssen Anlieger einer Straße beim Ausbau nicht mehr zuzahlen (dies gilt jedoch nicht bei Neuerschließung!).

Der sonst von den Bürgern erhobene Anwohneranteil wirdvom Land zur Verfügung gestellt, ab 2022 sollen die Kommunen

dafür jährliche Pauschalen bekommen. Dadurch entsprach die aktuell in Barleben geltende Straßenausbausatzung nicht mehr der gesetzlichen Lage und musste formell durch Beschluss des Gemeinderates aufgehoben werden. Dies hatten andere Kommunen auch schon getan, in Barleben wurde das aber irgendwie „vergessen“. Unser Antrag, die Satzung gesetzeskonform zu ändern, wurde mit 2 Gegenstimmen (SPD/Linke) angenommen. Was Gemeinderäte dazu bewegte, gegen die Herstellung gesetzlich vorgeschriebener Normen zu stimmen, auf die sie einen „Pflichteid“ abgelegt hatten, bleibt unklar, sollte aber zu denken geben.


  1. Ein weiterer wichtiger Punkt war der Beschluss dem FSV Barleben eine Fördersumme von 1,66 Mio. Euro für den Neubau eines Mehrzweckgebäudes zur Verfügung zu stellen.

Da in der bis dato geltenden Förderrichtlinie Vereine bis zu einer Höhe von 80 % der Investition gefördert werden konnten, der FSV aber die fehlenden 20 % nicht aufzubringen vermag, wurde dafür extra die Förderrichtlinie geändert. Künftig können Investitionen bis zu einem Anteil von 90 % von der Gemeinde unterstützt werden. Der Knackpunkt liegt allerdings auf der Formulierung „bis zu“ und hier wird es politisch brisant. Wir werden auf jeden Fall verfolgen, wie mit anderen Vereinen diesbezüglich verfahren wird.

Zu diesem Antrag, dem letztlich mehrheitlich zugestimmt wurde, gab es in unserer Fraktion lange Diskussionen. Nicht nur, dass es entgegen den Ausführungen des BM in der Volksstimme sehr wohl die größte Fördersumme der Gemeinde für einen Verein ist, es gibt auch noch weitere Besonderheiten.

Im Gegensatz zu anderen von der Gemeinde unterstützten Großinvestitionen (Reithalle, Hundesportvereinsheim, Sporthalle Ebendorf u.a.) ist das Gelände, auf dem das Mehrzweckgebäude gebaut werden soll, nicht Eigentum der Gemeinde, sondern gehört dem FSV. Um bei Insolvenz des Vereins die durch Steuermittel getätigte Investition zu sichern, wurde schon im Ortschaftsrat von uns gefordert, die Vereinssatzung dahingehend zu ändern, dass in diesem Fall das Vereinsvermögen an die Gemeinde Barleben fällt. Diese Forderung wurde zur Voraussetzung für die hohe Zuwendung gemacht und dem Beschlusstext zugefügt. Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass in dem Gebäude eine öffentliche (privat betriebene) Gaststätte integriert wird. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb eine Förderung von Seiten des Landes nicht in Frage kommt. Positiv zu bewerten dagegen ist, dass die neuen Sanitärräume den ortsansässigen Schulen für den Sportunterricht zur Verfügung gestellt werden und damit auch der Verbesserung der schulischen Bedingungen dienen. Die Abwägung, hier zuzustimmen war nicht einfach, deshalb gab es in unserer Fraktion Zustimmung, Enthaltung, aber auch eine Gegenstimme.

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