Politik siegt über Mathematik (2)

RechnerNach dem erfolglosen Versuch der Verwaltung im Rahmen der letzten Haushaltsdiskussion die Kita-Kosten (s. vorherigen Beitrag) zu erläutern, haben viele Gemeinderäte auf eine Richtigstellung gewartet. Nachdem dies im folgenden Mittellandkurier, dem Mitteilungsblatt des Bürgermeisters nicht geschah, hat unsere Fraktion eine korrekte, für Eltern, Öffentlichkeit und Gemeinderat nachvollziehbare Kalkulation angefordert, leider bis heute erfolglos. Auch die örtliche Presse war an einer Richtigstellung ihres Beitrages interessiert und wartete am 27.2. mit einer Überraschung auf:

Alles ist ganz anders (nämlich noch viel schlimmer!) (hier ansehen).

Da uns die Originalzahlen nicht vorliegen, können wir nur grob kalkulieren und uns auf den Presseartikel beziehen. Es hat den Anschein, als ob es sich bei den in der BV 106/2014 den Gemeinderäten vorgelegten Platzkosten (obwohl nicht so benannt) schon annähernd um die Kosten handelt, die nach Abzug der Landes- und Landkreiszuweisung als reine Gemeindekosten 2014 übrig blieben. Jetzt hat die Verwaltung eine Neukalkulation für 2017 mit dem Resultat vorgenommen, dass diese Kosten noch erheblich steigen. Wie die Kalkulation genau abläuft, kann nur aufgrund der Haushaltszahlen objektiv nicht nachvollzogen werden. Eine konkrete mündliche Erläuterung wurde (obwohl von uns bei der Verwaltung angefragt) noch nicht gegeben.

Man muss dazu die Personalkosten, die Aufwendungen für die Gebäude und deren Inneneinrichtung (+ Heizung, Wasser, Strom, etc.) mit der betreuten Kinderzahl verrechnen. Das Ergebnis entspricht dem Gesamtaufwand pro Kita-Platz. Davon sind die im KiföG §12 und 12a für das jeweilige Jahr festgelegten Zuweisungen von Land und Landkreis abzuziehen. Der dann verbleibende „Defizitbetrag“ der Gemeinde könnte (muss aber nicht!) bis zu 50% auf die Eltern umgelegt werden. Da die Landeszuweisungen innerhalb des Jahres 2015 (zum 1.8.) noch einmal um ca. 90 € und 2016 auch noch etwas gestiegen sind, ergibt sich derzeit für 2015 ein Elternanteil an den Kosten von ca. 20%. Die im o.g. Bsp. der Volksstimme aufgeführten Zuweisungen und der Elternanteil von 16% galten lediglich für Jan. bis Juli 2015, nicht aber danach (wieder scheint die Gemeinde der Presse eine fehlerhafte Berechnung vorgelegt zu haben). Wie eine nachvollziehbare Kalkulation aussieht, kann man am Beispiel der Stadt Wolmirstedt zeigen (hier ansehen). Wenn jetzt aber deutlich wird, dass dort die Platzkosten für einen 10 h Krippenplatz bei ca. 950 € liegen, in Barleben dagegen bei 1650 €, dann muss hinterfragt werden, warum das so ist. Die Begründung des Bürgermeisters im o.g. Presseartikel, dies hängt mit den Personalkosten in durch freie Träger geführten Einrichtungen zusammen, ist eine Ausrede. Das Personal in diesen Einrichtungen wird nach AVR Mitteldeutschland, das Personal in gemeindlichen Einrichtungen nach TVöD Sozial- und Erziehungsdienst bezahlt. Die Unterschiede über die entsprechenden Gehaltsstufen gemittelt betragen grob geschätzt nur etwas mehr als 10 %. Auch der Personalschlüssel (Erzieher pro Kind) ist gesetzlich festgelegt, mehr noch, er wurde in Barleben durch Eltern schon mehrfach kritisch hinterfragt. Die vom Bürgermeister vorgebrachte doppische Haushaltsführung gilt auch in Wolmirstedt. Die bilanziellen Abschreibungen (der nicht vorhandenen goldenen Wasserhähne) von ca. 130 000 € im Jahr schlagen im Vergleich zu einem Gesamtaufwand für die Kitas von mehreren Mio. € nur unwesentlich zu Buche. Bleibt also das vom Bürgermeister genannte „sehr hohe Niveau der Einrichtungen“ (was auch immer das sein soll). Es impliziert die Frage, wie armselig und beengt geht es bei „Bodelschwings“ oder anderen freien Trägern zu, dass dadurch mehr als 70% höhere Kosten gerechtfertigt werden?

Letztlich bleibt abzuwarten, ob das Land die im KiföG festgeschriebenen Zuwendungssätze an die Kommunen noch erhöht und damit die jetzt in Barleben anvisierten Kita-Beiträge etwas abgemildert werden. Nach der aktuellen Beschlusslage des Gemeinderates und der jetzt über die Presse vorgelegten Kalkulation der Verwaltung würden sich die Elternbeiträge 2017 mehr als verdoppeln. Die im Haushaltskonsolidierungskonzept dafür geplante Einsparsumme von 636 000 € könnte sich auch noch erhöhen. Wie der Bürgermeister und die Gemeinderäte, die für eine 40%-ige Deckung der Betreuungskosten gestimmt haben dann den betroffenen Eltern gegenüber argumentieren werden, darauf kann man gespannt sein. Vielleicht wird aber doch noch eine der vorhandenen „heiligen Kühe“ geschlachtet, um die Elternbeiträge zu reduzieren.

Kommentar verfassen

Sie können die folgenden HTML-Codes verwenden:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>